BGH: Erbenhaftung des Fiskus für Wohngeldschulden in einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Fiskus (die öffentliche Hand), der zum gesetzlichen Alleinerben eines Wohnungseigentümers berufen ist, für die nach dem Erbfall fällig werdenden oder durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft begründeten Wohngeldschulden in aller Regel nur mit dem vorhandenen Wert des Nachlasses haftet.

Die Beklagte ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Das klagende Land (im Folgenden: Kläger) ist gesetzlicher Alleinerbe eines verstorbenen Wohnungseigentümers. Eine Zeit lang zog der Kläger die Mieten des seinerzeitigen Mieters der Wohnung ein und zahlte an die Beklagte davon das Wohngeld. Dann stand die Wohnung leer. Sodann teilte der Kläger der Beklagten mit, die Wohnung bis zur Veräußerung selbst zu verwalten. Auf seinen Antrag eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über den Nachlass des Erblassers. Auf Antrag der Beklagten wurde die Wohnung zwangsversteigert.

Unterdessen erwirkte die beklagte WEG gegen den Kläger drei Anerkenntnisurteile betreffend das Wohngeld. Aus diesen Urteilen, in denen dem Kläger jeweils die beschränkte Erbenhaftung vorbehalten wurde, betreibt die Beklagte die Zwangsvollstreckung. Mit der Klage (Vollstreckungsgegenklage) möchte der Kläger gestützt auf die sog. Dürftigkeitseinrede erreichen, dass die Zwangsvollstreckung in sein nicht zum Nachlass gehörendes Vermögen für unzulässig erklärt wird.

 

Der zuständige Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass es sich bei den titulierten Wohngeldschulden nicht um Eigenverbindlichkeiten des Klägers handelt, sondern um Nachlassverbindlichkeiten, die den Kläger grundsätzlich zur Erhebung der Dürftigkeitseinrede berechtigen, die Zahlung also auf den Wert des Nachlasses beschränken.

 

Andere Erben als der Fiskus haften für die nach dem Erbfall fällig werdenden Wohngeldschulden auch mit ihrem eigenen Vermögen, wenn sie die Erbschaft angenommen haben oder die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist. Dies lässt sich auf die Haftung des Fiskus nicht übertragen, weil ihm das Recht versagt ist, die Erbschaft auszuschlagen. Der Fiskus nimmt eine Ordnungsfunktion wahr. Herrenlose Nachlässe sollen vermieden und eine ordnungsgemäße Nachlassabwicklung soll gesichert werden. In aller Regel wird der Fiskus deshalb bei seinen Handlungen nur seiner gesetzlichen Aufgabe nachkommen, den Nachlass abzuwickeln. Nur wenn der Fiskus seine Rolle als Nachlassabwickler verlässt, er also zu erkennen gibt, die Wohnung zu eigenen Zwecken nutzen zu wollen, ist es gerechtfertigt, die Wohngeldschulden als Eigenverbindlichkeiten zu qualifizieren, bei denen eine Haftungsbeschränkung ausgeschlossen ist.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird hierdurch nicht unangemessen benachteiligt. Sie kann nämlich in der Regel ihre Rechte im Wege der Zwangsversteigerung effektiv durchsetzen, weil die Wohngeldansprüche bevorrechtigt sind und den Rechten der nachfolgenden Rangklassen vorgehen.

 

Urteil vom 14. Dezember 2018 – V ZR 309/17